DIE HANDLUNG

CARMENS VERMÄCHTNIS

Die Oper Carmen ist wohl eine der berühmtesten und meistgespielten Werke in sämtlichen Theatern weltweit. Und es ist «die Chor-Oper» überhaupt, vielleicht mit Nabucco, Aida und Il Trovatore zusammen. Wenn man diese Oper nun als Produktion wählt, dazu noch den Chor weglässt, braucht man schon eine gute konzeptionelle Lösung oder spezielle Lesart dafür. Lassen Sie uns die Erklärung so beginnen:

Mit einem literarischen Kniff wollen wir in unserer Inszenierung das Schicksal der Protagonisten Don José, Escamillo und Micaëla, 20 Jahre nach der Ermordung Carmens durch José zeigen. Carmen jedoch bleibt die junge, selbstbewusste und eigenwillige Abenteurerin und taucht nur in den Erinnerungen der anderen Figuren auf, da sie ja bereits tot ist. Ihre Auftritte werden durch die Gespräche von Prosper Mérimée mit Don José, Escamillo und Micaëla ausgelöst und mit Lichtwechseln so inzensiert, dass sie wie Erscheinungen aus der Zeit der Geschehnisse vor 20 Jahren sind. Diese «Behauptungen» der Konzeption belegen wir auch tatsächlich in den Besetzungen, indem außer Carmen (25-jährig) alle anderen Protagonisten tatsächlich ältere Personen sind, und so glaubhaft erzählt wird, dass die Handlung viele Jahre geschieht.

Die Idee dieser Inszenierung setzen wir auf der Bühne um, indem wir den inhaftierten Don José in der Zelle eines Gefängnisses zeigen. Die Zelle selbst ist sehr spartanisch dargestellt mit einer verrosteten Pritsche, einer alten Rosshaarmatratze, einer Wolldecke und einem Eimer für die Notdurft. Escamillo, Micaëla und Prosper Mérimée wollen alle aus unterschiedlichen Gründen José am Tag seiner Hinrichtung durch den Strang nochmals sehen. Diese Gespräche von Escamillo mit Mérimée, Micaëla mit Mérimée lösen die in der Vergangenheit erlebten Momente mit Carmen aus.

Die Texte dazu wurden von einem sehr erfahrenen Musikwissenschaftler neu verfasst und dramaturgisch so verflochten, dass sie die Arien und Duette in Aussage und Bedeutung einführen und mit angepasster Haltung der Sängerinnen und Sänger unverändert gesungen werden können. Untermalt werden die Texte melodramatisch durch beinahe filmisch gedachte, dafür komponierte Musik. Wir ersetzen somit die üblichen Rezitative, die aber sowieso nicht von Georges Bizet komponiert worden sind. So kann die Geschichte aus unserer Sichtweise dennoch sehr getreu nach der Musik von Georges Bizet und der Novelle von Prosper Mérimée erzählt werden.

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